Insbesondere Polizeibeamte sind in der Alltagspraxis oft unvermittelt gefährlichen Situationen für Leib und Leben ausgesetzt. Gleichwohl ist die Testamentseinrichtung nach wie vor für viele ein Tabu. Zu eng wird diese mit dem Gedanken an den eigenen Tod verknüpft und daher verdrängt.
“Man soll sein Leben so planen, als ob man ewig lebe
und so organisieren, als ob man morgen sterbe”
Hinzu kommt, dass jeder vierte Bundesbürger wie ein Blick in die Zeitung beweist wesentlich früher stirbt, als es seiner Lebenserwartung entspricht. Insbesondere beim plötzlichen Tod fehlt dann jegliche erbrechtliche Vorsorge, mit der Folge, dass der überlebende Ehegatte oder die Kinder ungesichert sind, langwierig über das Erbe gestritten wird und am Ende oft nur ein Scherbenhaufen übrig bleibt. Aber auch jener, der sein normales Alter erreicht, meint vielfach, dass „nach ihm die Sintflut“ kommen dürfte. Er sagt dies nicht aus Verantwortungslosigkeit oder Leichtfertigkeit, sondern einfach deshalb, weil er sich mit der erbrechtlichen Regelung überfordert sieht. Er meint, man könne es doch keinem Recht machen und unterlässt aus Angst Fehler zu begehen jegliche Regelung. Die zehn häufigsten Fehlvorstellungen im Hinblick auf die Erbfolge habe ich im folgenden in Frage und Antwort dargestellt:
Frage 1: Erbt mein Ehegatte automatisch alles, wenn ich einmal sterbe?
Nein – Wenn kein Testament errichtet wurde, gilt zwingend die so genannte gesetzliche Erbfolge. Sofern Kinder vorhanden sind, erben der überlebende Ehegatte und die Kinder gemeinsam. Dies führt zu einer Erbengemeinschaft, in der sich die Beteiligten über Verwaltung, Aufteilung bzw. Verwertung des gemeinsamen Vermögens einigen müssen. Der Einigungszwang führt häufig zu Meinungsverschiedenheiten und rechtlichen Streitigkeiten. Die Beteiligten können dann z. B. die Zwangsversteigerung des gemeinsamen Vermögens bewirken. Dies führt in den meisten Fällen zur Zerschlagung von Vermögen. Sind keine Kinder vorhanden, erbt der überlebende Ehegatte ggfs. gemeinsam mit Eltern und Großeltern. Erst wenn Kinder nicht vorhanden sind, Eltern und Großeltern vorverstorben sind, kann der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft erhalten.
Frage 2: Spielt der Güterstand von Ehegatten im Erbfall eine Rolle?
Ja – Die Güterstände haben sehr wohl Einfluss auf das Erbrecht. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn also die Ehegatten nichts anderweitig geregelt haben, erbt der überlebende Ehegatte neben Abkömmlingen (Kindern, Enkeln) die Hälfte des Nachlassvermögens. Im Fall der Gütertrennung hängt der Erbteil des überlebenden Ehegatten von der Zahl der miterbenden Kinder ab.
Frage 3: Stimmt es, dass mit rechtskräftiger Scheidung der frühere Ehepartner erbrechtlich ausgeschaltet ist?
Im Prinzip ja – Aber auch der geschiedene Ehegatte kann über gemeinschaftliche Kinder unter Umständen noch auf das Vermögen des Erblassers zugreifen. Wird z. B. der geschiedene Erblasser im Todesfall allein von seinem ehelichen Kind beerbt und verstirbt dann auch dieses Kind, so wird möglicherweise der frühere Ehepartner Alleinerbe des gemeinsamen Kindes. Er erhält dann auch den gesamten Nachlass des geschiedenen Erblassers. Eine Lösung kann hier das so genannte Geschiedenentestament bieten.
Frage 4: Bedarf es denn unbedingt eines Testaments oder eines Erbvertrages? Sind denn die gesetzlichen Regelungen nicht so flexibel gefasst, dass eine reibungslose und gerechte Verteilung des Vermögens innerhalb der Familie gewährleistet ist?
Ein privatschriftliches oder notarielles Testament ist in den meisten Fällen unentbehrlich, damit die einzelnen Erblasseranordnungen und -wünsche beim Erbfall auch konkret und rechtsverbindlich umgesetzt werden. Die Vorschriften des BGB, die die gesetzliche Erbfolge regeln, sind allgemein und typisierend, im Einzelfall daher oft unzureichend. Sie können keinesfalls eindeutige Regelungen durch Testament oder Erbvertrag ersetzen. Übersehen wird häufig auch, dass die gesetzliche Erbfolge in vielen Fällen konfliktorientierte Erbengemeinschaften begründet. Bei einer Familie mit Kindern entsteht z. B. zwischen Mutter und Kindern eine Erbengemeinschaft, wenn der Vater vorverstirbt und keine Regelungen getroffen hat.
Frage 5: Ist ein mit einem Computer geschriebenes privatschriftliches Testament wirksam?
Nein – Ein privatschriftliches Testament ist nach den gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich nur dann wirksam, wenn es höchst persönlich und handschriftlich verfasst sowie unterschrieben wird. Außerdem sollen bestimmte Hinweise im Testament deutlich erkennbar sein (z. B. Zeitpunkt und Ort der Errichtung des Testaments).
Frage 6: Kann man einen ungeliebten gesetzlichen Erben durch eine Verfügung von Todes wegen vollständig vom Nachlassvermögen fern halten?
Nein – Es ist zwar möglich, durch Testament oder Erbvertrag dafür zu sorgen, dass der gesetzliche an sich vorgesehene Erbe nicht Erbe wird (Enterbung). Gehört er allerdings zum Kreis der so genannten Pflichtteilsberechtigten (insbesondere Ehegatte und Kinder), steht ihm ein Pflichtteilsrecht zu. Er hat dann gegen den oder die Erben einen Anspruch auf die Hälfte dessen, was ihm als Erbe zugestanden hätte. Der Pflichtteil kann nur unter besonderen Voraussetzungen entzogen werden (z. B. bei Straftaten gegen den Erblasser).
Frage 7: Sind erbrechtliche Konstellationen denkbar, in denen Geschwister ein Pflichtteilsrecht haben?
Nein – Der Kreis der Pflichtteilsberechtigten ist beschränkt auf die nächsten Angehörigen des Erblassers. Zu den Pflichtteilsberechtigten gehörten daher ausschließlich: Die Abkömmlinge des Erblassers, seine Eltern und sein Ehepartner.
Frage 8: Müssen Zuwendungen, die der Erblasser einem seiner enterbten Kinder zu Lebzeiten gemacht hat, in jedem Fall auf den Pflichtteil angerechnet werden?
Nein – Die spätere Anrechnung beim Erbfall muss grundsätzlich nur dann vorgenommen werden, wenn eine Anrechnungsbestimmung bei der Zuwendung (Geldgeschenk, Zahlung von Schulden etc.) ausdrücklich oder zumindest den Umständen nach deutlich erkennbar erfolgt und diese Erklärung oder Bestimmung dem anderen auch zugegangen ist. Eine wirksame Anrechnung kann einseitig vom Erblasser grundsätzlich nicht nachgeholt werden. Allenfalls ein vertraglicher Erbverzicht zwischen Erblasser und Zuwendungsempfänger könnte eine der Anrechnungsbestimmung vergleichbare Regelung erreichen.
Frage 9: Wenn mehrere gleich berechtigte Erben unterschiedliche Vermögenspositionen aufteilen müssen (z. B. Grundstücke, Wertpapiere, Hausrat), sorgt dann das Gesetz dafür, dass die Teilung der Erbmasse problemlos funktioniert?
Nein – Häufig wird übersehen, dass die Auflösung der Erbengemeinschaft auf internen Ausgleich gerichtet ist und dass das Gesetz Konsens und Kooperation unterstellt. Das Recht der Miterbengemeinschaft kennt prinzipiell nur zwei Alternativen: Einverständliche Verteilung des Vermögens oder Zerschlagung der Nachlassmasse (Verkauf/Versteigerung des Gesamtvermögens und Erlösverteilung).
Frage 10: Sind testamentarisch oder erbvertraglich eingesetzte Erben schon vor dem Tod des Erblassers auskunftsberechtigt, wenn der Erblasser wesentliche Teile seines Vermögens verschenkt oder veräußert?
Nein – Entsprechende lebzeitige Auskunftsberechtigungen werden häufig von Erben wegen enttäuschter Erberwartung als selbstverständlich angesehen, weil bedeutsame wirtschaftliche Interesse auf dem Spiel stehen können. Das Auskunftsinteresse erscheint auch plausibel. Allerdings wird ein Auskunftsersuchen regelmäßig keinen Erfolg haben, da es nicht bereits vor dem Tod des Erblassers ein Gefeilsche über sein Hab und Gut geben darf.
gez. RA Weber, Bonn