Am frühen Samstagmorgen sind die Tarifverhandlungen zu Ende gegangen. Die Ausarbeitungen sind formuliert, die zahlreichen Pressevertreter wieder aus Potsdam abgereist. Bis Ende März haben die Tarifparteien nun noch Frist, den Tarifvertrag zu unterzeichnen. Zeit eine Bilanz der Tarifrunde zu ziehen:
Unsere Hauptforderung
Wir haben 6,5 %, mindestens aber eine Entgelterhöhung von 200 €, bei einer Laufzeit von 12 Monaten, gefordert. Zudem die Übernahme unserer jungen ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Bundespolizei und eine Erhöhung von deren Entgelt um 100 €. Zudem sollten die Fahrtkosten zum Besuch auswärtiger Berufsschulen zukünftig vom Arbeitgeber getragen werden.
Erreicht haben wir
ein Gehaltsplus von 6,42 %. Mit Zins und Zinseszins bedeutet das sogar 6,42 % mehr für alle Beschäftigten für 24 Monate. Für die Auszubildenden haben wir 90 € mehr, die Übernahme der Fahrtkosten zum Besuch auswärtiger Berufsschulen und eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis – unter bestimmten Voraussetzungen – herausgeholt. Zusammengenommen ist das ein gutes und respektables Ergebnis. Unsere Forderung das Ergebnis zeit- und inhaltsgleich für den Beamtenbereich zu übernehmen erklärt sich von selbst.
Lange, intensive und kontroverse Diskussionen gab es insbesondere wegen der fehlenden sozialen Komponente und der Regelung zum Urlaub nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG). Was wir leider nicht erreichen konnten, war einen Mindestbetrag von 200 € durchzusetzen. Hier haben sich vor allem die kommunalen Arbeitgeber kategorisch quer gestellt. Hintergrund ist, dass von den gut zwei Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen ca. 1,8 Mio. bei den Kommunen und nur ca. 200.000 beim Bund angestellt sind. Die finanziellen Belastungen sind daher bei allen Abschlüssen bei den Kommunen überproportional hoch. In der Folge hat der Vorsitzende der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Dr. Thomas Böhle, bei den Verhandlungen auch umgehend mit weiteren Privatisierungen und Ausgliederungen in den Bereichen des unteren Lohnsegmentes gedroht, also zum Beispiel der Reinigungskräfte, Küchenbeschäftigten, Pförtner, Wächter oder Straßenreiniger. Bei der äußerst schwachen Finanzausstattung der Kommunen stand für uns stark zu befürchten, dass es sich dabei nicht nur um leere Drohungen handelt. Eine mögliche Freisetzung und eine weitere Verlagerung von Arbeitsplätzen aus dem öffentlichen Dienst in die Privatwirtschaft ist für uns als Gewerkschaft der Polizei keinesfalls hinnehmbar!
Wir wollen einen lebendigen und heterogenen öffentlichen Dienst in dem alle Beschäftigtengruppen und Arbeitsbereiche dauerhaft vertreten sind und natürlich bleiben! Die Kolleginnen und Kollegen – gerade auch in der Bundespolizei – müssen sich auf ihre Arbeitsverträge und somit auf ihre Beschäftigungsverhältnisse verlassen können. Wir werden Privatisierungen und Ausgliederungsversuche schon bei deren Entstehen zu verhindern wissen. Nur dann haben wir auch eine planbare Zukunft.
Man kann dennoch sagen, dass wir unser Ziel, die unteren Einkommen zu entlasten, erreicht haben. Durch die saftige prozentuale Erhöhung, die wir den Arbeitgebern abgerungen haben, ist es uns gelungen, den Mindestbetrag für die unteren Einkommen zu kompensieren: Für die unteren fünf Entgeltgruppen bedeutet der Tarifabschluss im Gesamtschnitt einen monatlichen Lohnzuwachs von ca. 140 €. Das ist ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann und nach langer Zeit ein spürbares Plus im Geldbeutel unserer Kolleginnen und Kollegen bringt!
Eine Tarifverhandlung bedeutet am Ende immer auch einen entsprechenden Kompromiss eingehen zu müssen. Das Wichtigste ist jedoch: Durch die Tarifeinigung wurde niemand schlechter gestellt. Alle Arbeitnehmer profitieren in ordentlichem Maße von diesem Abschluss! An dem Thema Mindestbetrag werden wir auch in den kommenden Jahren dran bleiben und keine Ruhe geben!
Für unsere Auszubildenden haben wir eine deutlich höhere Vergütung von insgesamt 90 € monatlich erreicht und den Arbeitgebern die Zusage abgerungen, dass sie nach einjähriger Bewährungszeit unbefristet übernommen werden. Fahrtkosten zu auswärtigen Berufsschulen übernehmen künftig die Arbeitgeber, wenn sie oberhalb des Eigenanteils liegen. Das alles ist ein Riesenerfolg! So haben unsere jungen Kolleginnen und Kollegen endlich Planungssicherheit und Perspektive!
Was diese Tarifrunde einmal mehr gezeigt hat, ist aber auch, wie wichtig starke Gewerkschaften und die Bereitschaft der Mitglieder, für ihre Forderungen auf die Straße zu gehen sind. Man muss rückblickend auch die Frage stellen, wie ein mögliches Ergebnis ausgesehen hätte, wenn nicht so viele unserer Kolleginnen und Kollegen aller Berufsgruppen im öffentlichen Dienst organisiert wären und sich nicht so engagiert an den Warnstreiks und Demonstrationen beteiligt hätten. Wie hätte das Ergebnis ausgesehen, wenn es uns nicht gelungen wäre den Druck von über 200.000 Warnstreikenden zu erzeugen? Dafür genügt nur ein kurzer Rückblick auf die Angebote der Arbeitgeber:
Bei der ersten Verhandlungsrunde gar kein Angebot – eine Frechheit!
Bei der zweiten Verhandlungsrunde 1,7 % – Reallohnverlust!
Unser Fazit ist daher: Auch wenn – wie bei einem Kompromiss immer – nicht alles 1:1 so umgesetzt werden kann, wie man es sich wünscht, sind wir doch eng zusammen gestanden und haben gemeinsam ein akzeptables und für alle gutes Ergebnis erzielt. Niemand hat verloren. Alle haben gewonnen. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus dem gesamten Bundesgebiet und aus den unterschiedlichsten Bereichen haben für Ihre Interessen Flagge gezeigt, sich an Warnstreiks beteiligt, sind bei Demonstrationen mitmarschiert.
Wir können als GdP-Bezirk Bundespolizei stolz auf dieses Ergebnis sein!